TAG 4
De Montfort's Weihe (Zweiter Teil)
Gestern sagte ich, dass St. Louis in seiner Lehre über die
Marienweihe zwei besondere Schwerpunkte legt: (1) eine Erneuerung
unserer Taufgelübde und (2) ein besonders intimes Geschenk von uns
an Maria. Wir haben gestern den ersten Schwerpunkt behandelt.
Schauen wir uns nun den zweiten an. Zunächst stellennwir die Frage:
"Warum sollten wir uns Maria hingeben?"
Wir sollten uns Maria hingeben in der Nachahmung unseres Herrn und
Erlösers Jesus Christus. Hat sich Jesus nicht vom Moment
der Menschwerdung an Maria hingegeben? Ja er hat es. Und sind wir
nicht dazu berufen, Christus nachzuahmen? Ja wir sind es. Aber ist Maria
nicht ein Geschöpf? Ja, das ist sie, aber sie ist dennoch einzigartig.
Maria ist nicht nur frei von Sünde und völlig dem Willen Gottes
untergeordnet, sondern durch Gottes Willen und Wohlgefallen —
wie wir in der Einleitung erfahren haben — spielt Maria
eine besondere Rolle in unserer Heiligung. Deshalb sollten wir
uns der Mutter Gottes hingeben, damit sie uns zu Heiligen und zu
wirklichen Christen umformen kann. Wir sollten ihr unser Ja geben.
Aber St. Louis geht noch einen Schritt weiter. Sein Ja zu Maria ist
besonders tief, ein zutiefst intimes Geschenk seiner selbst an
Maria:
Diese Hingabe besteht also darin, uns ganz unserer
Lieben Frau zu geben, um durch sie ganz Jesus zu gehören. Wir
müssen ihr (1) unseren Körper mit all seinen Sinnen und Gliedern
geben; (2) unsere Seele mit all ihren Kräften; (3) unsere äußeren
Glücksgüter, ob vorhanden oder zukünftig; (4) unsere inneren und
geistigen Güter, die unsere Verdienste und Tugenden sind,
und unsere guten Werke, in der Vergangenheit, Gegenwart und
der Zukunft.14
Dieser vierte Punkt ist am interessantesten. Durch diesen
Aspekt unserer Weihe an Maria — nach St. Louis — geht
unser Selbstgeschenk an sie sogar über das hinaus, was
erforderlich ist, um sich durch religiöse Gelübde
Gott hinzugeben. Eine religiöse Schwester gibt, zum Beispiel, aufgrund
der Gelübde der Armut, Keuschheit und des Gehorsams Gott weder das
Recht, über die Gnade all ihrer guten Werke zu verfügen, noch gibt
sie ihre Verdienste auf. Gestatte mir, noch besser hervorzuheben,
wie radikal diese marianische Weihe wirklich ist.
Wenn wir Maria das Recht geben, über die Gnaden unserer guten
Werke zu verfügen, dann bedeuted dies erstens, in Bezug auf andere,
dass wir solche Gnaden nicht bedingungslos jeder anderen Person unserer Wahl zu
Gute kommen lassen können. Wenn ich zum Beispiel Maria ein solches
Angebot mache, kann ich nicht darauf bestehen, dass die Gnaden
einer Krankheit, die ich anbiete, der Person zu Gute kommen,
für welche ich sie bestimmt habe. Zweitens, wenn wir uns Maria weihen,
werden wir in der Stunde unseres Todes nicht im Kleide der
Verdienste unserer Gebete und guten Werke vor Gott erscheinen. In der Tat
werden wir mit leeren Händen vor Gott erscheinen, weil wir Maria
alle unsere Verdienste überreicht haben.
Wenn Dir die Radikalität dieses Angebots Sorgen
macht, lege diese Sorgen zur Seite. Morgen werden wir
sehen, warum diese Verfügung nicht zu befürchten ist und warum sie
unglaublich schön ist und sich absolut lohnt. Bis dahin können wir
über den zweiten Teil von de Montforts Formel für die Marienweihe
nachdenken, der von diesem intimen Geschenk unserer selbst an
Maria spricht:
In der Gegenwart des ganzen himmlischen Hofes wähle ich
dich heute als meine Mutter und Königin. Ich übergebe und weihe
dir als deine Sklaven meinen Körper und meine Seele, meine Güter,
sowohl die inneren als auch die äußeren, und sogar den Wert all meiner guten
Taten, in der Vergangenheit, Gegenwart und der Zukunft. Ich überlasse dir das
gesamte und volle Recht, über mich und alles, was mir gehört,
ausnahmslos nach deinem Wohlgefallen zur größeren Ehre Gottes in der
Zeit und Ewigkeit zu
verfügen.15
Heutiges Gebet:
Komm, Heiliger Geist, der in Maria lebt. Hilf mir, mich durch
Maria vollständig Jesus hinzugeben.
|